Ich liebe das Land, und ich liebe sein Brot

 


Vor ein paar Tagen hat mich eine Journalistin gefragt:
„Wann würden Sie sagen, dass Sie wirklich deutsch sind?“
Ich habe geantwortet:
„Wenn ich bereit bin, in eine Bäckerei zu gehen und Brot zu bestellen – ohne mit den Händen zu zeigen.“

Denn bis heute mache ich das oft: Ich zeige mit der Hand – „von dem da, bitte“ oder „die da“ oder „nein, die daneben“. Ich sage dann: „Einmal von dieser…“ oder „Diese da…“, weil es für mich oft noch schwer ist, all diese Brotsorten zu kennen oder korrekt auszusprechen.

Ein Deutscher kommt rein und sagt sofort:
„Ich hätte gern ein Kürbiskernbrötchen, zwei Laugenstangen und ein Roggenmischbrot.“
Ohne Zögern, ohne Zeigen, ohne Unsicherheit.
Wenn ich das kann – dann, ja,  bin ich Deutscher.

Ich liebe den Geruch von Brot. Ein Highlight ist für mich immer der Moment, wenn ich sonntagmorgens in der Bäckereischlange stehe, um frisches Brot zu kaufen. Es gibt so viele Sorten, so viele schöne und leckere Sachen – das ist jedes Mal der Beginn eines kleinen Festes: zum Frühstück, zum Mittag- oder Abendessen.

Vielleicht werde ich eines Tages in eine Bäckerei reingehen und ganz selbstverständlich sagen:
„Guten Morgen, ich hätte gerne ein Dinkelvollkornbrot, zwei Mohnbrötchen .“
Ohne zu zeigen. Ohne zu zögern.
Dann – ja,  bin ich angekommen.

 German Bakery Counter Showcase Display with Many Different Baked Bread ...

 

Falafel Rezept

Es freut mich sehr, dass der Anfang meiner Kochrezepte in diesem Blog mit einem Gericht beginnt, das einen besonderen Platz in meinem Herzen hat – und im Herzen der meisten Syrer: dem Falafel-Sandwich.

Das sagte ich gerade eben zu meiner Frau, während wir gemeinsam aßen.
Ich sagte zu ihr: „Das ist nicht einfach nur ein Sandwich. Das ist eine treue Begleiterin, eine Retterin – zwischen uns gibt es Liebesgeschichten und Erinnerungen.“
Und ich glaube, die meisten Syrer würden mir zustimmen – im Gefühl wie in der Meinung.

Heute lasse ich dieses Sandwich selbst zu Wort kommen.
Ich werde versuchen, mit ihm und seinen Zutaten ein schönes Bild zu malen.
Und wenn ich es nicht schaffe, euch beim Lesen Appetit darauf zu machen, dann höre ich mit dem Kochen auf!


Die Beliebtheit der Falafel

Ihre Beliebtheit kommt daher, dass sie leicht erhältlich ist, für jeden erschwinglich, aus einfachen Zutaten besteht und zu jeder Mahlzeit passt – ob Frühstück, Mittag- oder Abendessen.


Falafel zubereiten

Die Kichererbsen werden am Abend vorher in Wasser eingeweicht – über Nacht.
Am nächsten Morgen werden sie gemeinsam mit zwei bis drei Zwiebeln und ebenso vielen Knoblauchzehen (je nach Geschmack und Menge) im Fleischwolf zerkleinert.
Manche geben auch etwas Petersilie hinzu.
Die Masse kommt dann für ein paar Stunden in den Kühlschrank, damit sie gut durchkühlt.

Anschließend werden die Falafel-Gewürze, Salz und ein wenig Backpulver hinzugefügt, bevor die Masse mithilfe einer Falafel-Form in heißem Öl zu kleinen Scheiben frittiert wird.

Beim Frittieren sollten die Falafeln an die Oberfläche steigen. Man wendet sie regelmäßig, bis sie goldbraun und außen knusprig, innen aber noch weich sind.

Dieses typische „Knacken“ beim Reinbeißen – zusammen mit dem intensiven Duft, der sich im Haus, auf der Straße, im ganzen Viertel verbreitet…
Man kann kaum widerstehen, wenn man an einem Falafelladen vorbeiläuft.
So ging es mir: Ich bin oft hineingegangen, um mir ein Sandwich zu holen – obwohl ich eigentlich gar keinen Hunger hatte.


Das Falafel-Sandwich wickeln

Nachdem die Falafel zubereitet ist, beginnt der nächste Schritt: das Wickeln des Sandwichs.

Die Basis – der erste Baustein – ist das Fladenbrot.
Es muss weich und frisch sein.

Auf dem Tisch klopfst du ihm sanft auf den Rücken – wie zur Begrüßung –, um es auf das vorzubereiten, was kommt.
Du beginnst mit einem Teller cremigen Hummus:
(ganz einfach zubereitet – gekochte Kichererbsen mit zwei Esslöffeln Tahini, zwei Esslöffeln Joghurt und etwas Salz in einem Mixer glatt pürieren).

Du nimmst einen Löffel Hummus und streichst ihn auf das Brot – hin und zurück, wie ein Künstler mit seinem Pinsel.
Dann legst du vier bis fünf Falafelstücke (je nach Wunsch) darauf und zerdrückst sie sanft auf dem Hummus.
Und hier muss das typische „Knacken“ zu hören sein – sonst stimmt etwas mit deiner Falafel nicht!

Dann folgen die Gemüsezutaten:
ein paar Tomatenstücke, Gurkenscheiben, etwas Salat, eingelegte Gurken oder Rüben, duftende Minzblätter, eine Prise gehackte Petersilie und ein paar Zitronenscheiben.

Abgerundet wird das Ganze mit einem Spritzer Tahini auf der linken Seite, etwas Joghurt auf der rechten – und schließlich der Signatur in Form einer geschwungenen Linie Granatapfelsirup. Je nach Geschmack kommt noch etwas Schärfe dazu.

Dann wird das Brot sorgfältig gerollt – und genau hier zeigt sich die Kunst des „Wraps“… wie auf dem Bild zu sehen.


Der erste Biss

Der erste Biss… ist wie die erste Liebe. Unvergesslich.

Verzeiht mir, falls ich euren Appetit geweckt oder euch mit dem Bild gequält habe.

Ich hoffe, es hat euch gefallen – und euch zurückgebracht zu einer alten Begleiterin,
die mich durch meine Jugend führte…
Ich aß sie im Laden, plauderte mit dem Verkäufer,
aß sie auf dem Bürgersteig oder unterwegs,
während ich mit einer neuen Liebe lachte.

Ich vermisse diese treue Begleiterin…
den Zauber ihrer Zubereitung…
die Stimmung, die sie schafft…

Ich vermisse auch den echten „Ma‘allem“ – den Meister im Laden –, dem ich sagte:
„Salam Ma‘allem, bitte ein Falafel-Sandwich.“
Er lächelte und fragte:
„Wie hättest du sie gern?“

Und dann… beginnt die Geschichte.

 



Damit der Kontakt bleibt.

 

Kommt ein Syrer ins Blog – und bleibt im Gespräch.

Acht Jahre lang habe ich Kolumnen für den Spiegel geschrieben – gemeinsam mit meinem Co-Autor und Freund Gerd Hachmöller. Aus diesen Jahren sind drei Bücher entstanden – und, viel wichtiger: ein stetiger Austausch mit meinen Leserinnen und Lesern. Viele von ihnen begleiten mich seit Jahren, mit Briefen, Kommentaren, Gedanken und Fragen.

Diesen Austausch möchte ich nicht verlieren.

Als wir beschlossen haben, die Kolumne zu beenden, war für mich sofort klar: Ich brauche einen neuen Ort, an dem ich weiterschreiben kann – nicht regelmäßig, nicht nach Plan, aber offen, ehrlich, persönlich. So ist dieser Blog entstanden.

Hier schreibe ich weiter. Vielleicht kleine Gedanken. Vielleicht ein Text, der mir plötzlich einfällt. Vielleicht ein Rezept aus meiner Küche. Vielleicht einfach nur ein Satz, der mir wichtig geworden ist.

Dieser Blog ist meine Adresse, damit der Kontakt bleibt – für die, die mit mir weiter im Gespräch bleiben wollen.

Und ja: Ich habe einmal aus euren Leserbriefen eine Collage gemacht, mit einem Bilderrahmen, der bis heute in unserem Wohnzimmer hängt.

Das hier ist meine neue Wand. Danke, dass ihr da seid.

Ich liebe das Land, und ich liebe sein Brot

  Vor ein paar Tagen hat mich eine Journalistin gefragt: „Wann würden Sie sagen, dass Sie wirklich deutsch sind?“ Ich habe geantwortet:...